Südwestlich von Stuttgart beginnt die Filder. Die fruchtbare Region vor den Toren der Landeshauptstadt ist nicht nur für ihre historischen Stätten bekannt, sondern steht auch für reiche kulinarische Vielfalt. Und von hier stammt auch eine ganz besondere Zutat, die nicht nur Feinschmecker, sondern auch Hobbyköche gleichermaßen begeistert: das Filderkraut.
Die Ebene, die der besonderen Spitzkohl-Variante den Namen gibt, steht für landwirtschaftliche Tradition. Die fruchtbaren Lössböden der Gegend sind reich an Nährstoffen und die mikroklimatischen Bedingungen tragen dazu bei, dass Feldfrüchte hier besonders gut gedeihen. So auch das Filderkraut.
Woher der Spitzkohl, dessen charakteristische Kegelform den optischen Unterschied zu seinem „gewöhnlichen“ runden Verwandten ausmacht, stammt, ist nicht ganz zweifelsfrei zu belegen. Vermutlich waren es Mönche, die vor über 400 Jahren begonnen haben, die Kohlvariante zu züchten. Fakt ist: Das Kraut war viele Jahrhunderte lang das wichtigste Handelsgut der Filder. Auf den Märkten der Region boten die Bauern die frisch geernteten Köpfe oder die eingelegte und fermentierte Sauerkraut-Variante an. Das ist bis heute so.
Mit Inbetriebnahme der Filderbahn 1888 trat das Kraut dann seinen Siegeszug in die europäische Küche an: besonders im Feinschmeckerland Frankreich erfreut sich das feine Kraut, das aufgrund seiner filigranen Struktur auch bekömmlicher ist als herkömmlicher Weißkohl, großer Beliebtheit. Über die Partnerstadt von Leinfelden-Echterdingen und Manosque in der Camargue fand das Filderkraut inzwischen auch auf französische Felder.
In Leinfelden-Echterdingen huldigt man dem Exportschlager jährlich im Oktober mit einem großen Fest: Über 50.000 Menschen zieht das Filderkrautfest an, das die Vereine organisieren. Auf dem Programm: Der traditionelle Krauthobelwettbewerb, Krauthathlon und die Krautkopfstafette, bei der die Krautköpfe geschätzt, gewogen, geschmückt und durch die Straßen getragen werden. Alles unter den Augen des Krautkönigspaars. Und natürlich darf auch das Kraut auf dem Teller nicht fehlen.
Bis heute ist die Ernte der kegeligen Feldfrüchte ausschließlich Handarbeit, um die druckempfindlichen Köpfe nicht zu beschädigen. Das Filderkraut gibt es direkt vom Bauern – als ganze Köpfe, gehobelt oder als fertiges Sauerkraut.
Den hohen Stellenwert hat auch die EU erkannt: Seit dem 24. Oktober 2012 ist die Sorte Filder(spitz)kraut als geschützte geografische Angabe registriert und unterliegt so strengen Schutzmaßnahmen.
Filderkraut ist vielseitig in der Küche einsetzbar und wird auf verschiedene Arten verarbeitet. Traditionell wird das Kraut als Sauerkraut zubereitet: Hierzu wird der Kohl in dünne Streifen gehobelt, gesalzen und dann gestampft, bis der Saft austritt. Dann wird es mit einem feuchten Tuch bedeckt und mit einem Stein beschwert in einem dunklen und kühlen Raum einige Tage lang gelagert, bis die entstandenen Milchsäurebakterien dem Kraut seinen typisch säuerlichen Geschmack gegeben haben. Filderkraut kann auch in Suppen und Eintöpfen verwendet werden. beliebt ist die Filderkrautsuppe, eine regionale Spezialität.
In der traditionellen schwäbischen Küche wird das Filderkraut oft als Beilage zu verschiedenen Fleischgerichten serviert. Es harmoniert perfekt mit Braten und anderen regionalen Köstlichkeiten.
Leckere Rezepte mit Filderkraut gibt es hier.