Brauchtum & Historisches

Das Heidenloch in Heidelberg: Mythos und Geschichte

Erfahre bei „Unnützes Heimat-Wissen“ die Geheimnisse des Heidenlochs in Heidelberg: Was verbirgt sich wirklich hinter diesem mystischen Ort?
Stich von Matthäus Merian aus dem Jahr 1645, der das Heidenloch zeigt.
Das Heidenloch unterhalb des Heiligenbergs auf einem Stich von Matthäus Merian aus dem Jahr 1645Foto: gemeinfrei

Deutschlands rätselhaftester Schacht

Wer den Heiligenberg erklimmt, stößt unter anderem auf das Heidenloch, einen 55 Meter tiefen, mit Steinen ausgemauerten Schacht, der bis heute Forscher wie Spaziergänger gleichermaßen fesselt. Archäologen untersuchen ihn seit Jahrzehnten, doch viele Fragen bleiben offen. Schon im Mittelalter galt der Ort als unheimlich, nicht zuletzt wegen der Geschichten, die sich hartnäckig um ihn rankten. Unter dem Namen „Teufelsloch“ fand er seinen festen Platz in der regionalen Sagenwelt.

Tor zur Unterwelt?

Der Mythos des Teufelslochs ist tief in der regionalen Folklore verwurzelt. Je nach Überlieferung, wird dieses „Tor zur Unterwelt“ an verschiedenen Stellen rund um Heidelberg verortet, auch beim Heidenloch. Der Legende nach soll der Schacht vom Teufel selbst geschaffen worden sein.
In stillen Nächten, so wird erzählt, sei das unheimliche Echo von Stimmen und das Heulen des Windes aus der Tiefe zu hören. Besonders bei Vollmond, soll das Loch von einem unheimlichen Licht erleuchtet werden, und man kann das Flüstern der Geister hören, die versuchen, in die Welt der Lebenden zu gelangen.

Geister und Dämonen

Besonders bildhaft sind die Geschichten, die den Schacht mit verschwundenen Menschen verknüpfen. Eine Erzählung aus dem Mittelalter berichtet von einem Mönch des nahen Klosters, der in das Heidenloch gestiegen sein soll, um Buße zu tun. Er soll nie wieder gesehen worden sein. Sein Geist spukt angeblich noch immer in der Nähe des Schachts, um die Lebenden vor einem ähnlichen Schicksal zu bewahren.

Auch ein Ritter soll, so eine weitere Sage, in das Heidenloch hinabgestiegen sein, um seine entführte Geliebte zu retten. Diese war von einem Dämon in die Tiefe gezogen worden. Weder der Ritter noch seine Geliebte wurden je wieder gesehen. Es heißt, ihre Stimmen seien manchmal in der Nacht zu hören, wie sie um Hilfe rufen.

Solche Erzählungen verleihen dem Ort eine unheimliche Aura und ziehen jene an, die das Übernatürliche suchen. Der Mythos dient als Warnung vor den Gefahren, die in der Dunkelheit lauern, und als Symbol für die Versuchung und das Böse, das in der Welt existiert.

Video: Rätselhaftes Heidenloch - Filmexpedition in die Tiefe

Archäologische Fakten

Abseits der Mythen ist das Heidenloch ein bedeutendes archäologisches Zeugnis. Der Schacht ist etwa 55 Meter tief und wurde aus sorgfältig behauenen Steinen errichtet. Seine genaue Funktion ist bis heute nicht vollständig geklärt, doch es gibt mehrere Theorien.

Am plausibelsten erscheint die Annahme, dass es sich um einen Brunnen oder eine Zisterne aus dem frühen Mittelalter handelt. Diese Theorie wird durch die Bauweise und die Lage des Schachts gestützt, die auf eine Nutzung zur Wasserversorgung hindeuten. Wahrscheinlich ist also, dass der Schacht zur Wasserversorgung des nahegelegenen Klosters errichtet wurde.

Manche Forscher hatten vermutet, dass es sich beim Heidenloch um einen frühgeschichtlichen Opferschacht handelte. Diese Auffassung konnte allerdings nicht mit entsprechenden Funden aus „heidnischer Zeit“ belegt werden.

Alle archäologischen Untersuchungen haben keine eindeutigen Beweise für die ursprüngliche Nutzung erbracht, was das Rätsel nur noch größer macht.

Mythos trifft Geschichte

Gerade diese Unklarheit befeuert die Legenden. Die Verbindung zwischen der Erzählung vom Teufelsloch und dem real existierenden Heidenloch zeigt, wie historische Stätten durch Legenden eine zusätzliche Dimension erhalten. Während die archäologischen Fakten ein Bild von der praktischen Nutzung des Schachts zeichnen, verleihen ihm die Mythen eine andere Bedeutung, die über die Jahrhunderte hinweg erhalten geblieben ist. Das Heidenloch ist beides: ein Relikt mittelalterlicher Baukunst und eine Projektionsfläche für Ängste und Fantasien. Es zeigt, wie sehr sich Geschichte und Mythos gegenseitig verstärken können, wenn harte Fakten fehlen.

Kulturelle Bedeutung

Heute ist das Heidenloch mehr als nur ein geheimnisvoller Schacht im Wald, also nicht nur ein archäologisches Rätsel, sondern auch ein wichtiger Teil des kulturellen Erbes der Region. Es symbolisiert die Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Legende und Realität - also zwischen dem, was wir wissen, und dem, was wir uns vorstellen. Das macht den Ort zu einem Anziehungspunkt für Geschichtsinteressierte, Sagenfans und neugierige Besucher gleichermaßen.

Mehr als ein Relikt vergangener Zeiten

Am Ende bleibt das Heidenloch ein Ort voller Ambivalenz: Hier treffen Geschichte und Mythos aufeinander; das Heidenloch ist ein Symbol für die menschliche Neigung, das Unbekannte mit spannenden, zuweilen gruseligen Geschichten zu füllen. Die Legenden und die archäologischen Fakten ergänzen sich. Sie schaffen ein vielschichtiges Bild eines Ortes, der sowohl in der Realität als auch in der Fantasie seinen Platz gefunden hat.

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von Andreas Herrmann
02.09.2025
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