Der Haslacher Storchentag am 22. Februar: besonderer Brauch

Warum die Kinder in Haslach mit Orangen beworfen werden? Das kann nur eine Jahrhunderte alte Tradition sein. Die kleine Stadt im Schwarzwald ehrt am Storchentag ihren Nachwuchs. Alle Mädchen und Buben sind eingeladen, die Straßen der Ortschaft zu stürmen und sich feiern zu lassen. "Heraus! Heraus!" schallt es dann durch den Ort und die Kinder werden reich beschenkt mit Brezeln, Obst und Süßigkeiten.

Ursprung: Was steckt hinter der Tradition?

Woher kommt dieser sogenannte "Heischebrauch"? Im 17. Jahrhundert soll eine Heuschreckenplage über Haslach gezogen sein. Die Ernte war zerstört und die Haslacher hatten Angst vor dem Hungertod. Deshalb beteten sie zu Gott und wünschten sich ein Ende der Ungezieferqual. Im Gegenzug, so versprachen sie, würden sie künftig "Zu St. Petri") ein Fest zu Ehren der Kinder und Jugendlichen veranstalten. Kurz darauf kam eine Schar von Störchen, die sich sofort auf das Festmahl stürzten und so die Haslacher retteten. Die Stadt hielt sich an die Abmachung und feierte wohl den ersten Storchentag zu Ehren ihrer Kinder und der Störche.

Heraus zum Zug

„Heraus! Heraus!“ ist der Ruf, der seitdem in den Straßen tönt. Treffpunkt ist jährlich am 22. Februar - der Petri-Stuhl-Feier - um 12 Uhr mittags in der Mühlenkapelle. Dort betet der Storchenvater mit den Kindern zusammen noch zwei Vaterunser und den „Englischen Gruß“, bevor dann der eigentliche Spaß beginnt. Mit Stoffsäckchen ausgestattet zieht die Flut an „Storchen“ von Haus zu Haus und futtert sich durch die Stadt. Anstatt der Insekten, gibt es heute Orangen, Brezeln und Süßigkeiten, die aus den Haslacher Türen und Fenstern geworfen werden, nachdem der Storchenvater "angeklopft" hat.

Der Storchenvater

Inmitten der Kinder sticht ein Zylinder mit zwei aufgemalten Störchen heraus: der Storchenvater. Der Posten ist durch ein Ehrenamt besetzt. Er trägt den Zylinder, einen langen schwarzen Mantel und auf dem Rücken ein Brett mit zwei aufgeschnallten Brotlaiben, die er für seine Tätigkeit behalten darf. Seine Aufgabe ist es, Ordnung in das Chaos der Kinderscharen zu bringen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass die Geschenke der Einwohnerinnen und Einwohner gerecht verteilt werden. Er hat außerdem immer einen langen Stock zur Hand, um die Brezeln aus den höheren Stockwerken aufzugabeln und entlang der Stange nach unten zu den wartenden Kinderhänden zu bringen.

Die Rolle des Storchenvaters ist übrigens im Haslacher Stadtarchiv belegt: Im Jahre 1643 hat demnach ein Johann Jakob Arguin „zwölf Kreuzer erhalten. weil er den Storchen geklopfet“. Eine Rechnung beweist dies, so kann angenommen werden, dass Herr Arguin der erste belegte Haslacher Storchenvater war.

Lässt man die Legenden mal außen vor, ist der Brauch wohl ein Frühlingsbrauch: Denn in früheren Zeiten galt der Peterstag (oder wie man in der Ortenau sagt "Peterletag") als Frühlingsanfang, und zu diesem sind auch andernorts Umzüge und ähnliche Traditionen überliefert. Der Storchentag ist jedenfalls seither ein fester Bestandteil der Tradition in der kleinen Ortenaustadt und findet immer am 22. Februar statt: Es sei denn er fällt auf einen weiteren - in Haslach äußerst wichtigen - Feiertag: Den Fasnachtssonntag. Dann muss er verschoben werden.