In Deutschland wird so viel Vermögen vererbt wie nie zuvor – doch kaum jemand ist wirklich vorbereitet auf das, was danach kommt. Steuerbescheide, Fristen, Formulare. Das fühlt sich oft kalt an in einer Zeit, die ohnehin schon schwer genug ist.
Du musst das nicht alles allein klären. Es gibt Wege, das Erbe fair, sinnvoll und auch steuerlich gut zu regeln – ohne Druck, Schritt für Schritt. Und es ist völlig in Ordnung, dir dabei Unterstützung zu holen. In diesem Ratgeber findest du alle Infos.
Wenn du etwas erbst – also Vermögen, Gegenstände oder Immobilien von einer verstorbenen Person – sieht das Gesetz darin zunächst einmal einen Vermögenszuwachs. Und auf diesen können Steuern anfallen, die sogenannte Erbschaftsteuer.
Ob und wie viel du zahlen musst, hängt von mehreren Dingen ab. Zum einen spielt es eine große Rolle, wie du mit der verstorbenen Person verwandt warst – denn je enger die Beziehung, desto großzügiger sind die Freibeträge. Zum anderen kommt es darauf an, wie hoch das geerbte Vermögen insgesamt ist, oder zu welcher Steuerklasse du gehörst.
Keine Sorge: Nicht jedes Erbe muss versteuert werden. Wenn du zum Beispiel Sohn oder Tochter bist, kannst du 400.000 Euro steuerfrei erben, als Ehepartner sogar eine halbe Millionen. Warst du als Ehegatte, eingetragener Lebenspartner oder Kind des Erblassers auf finanzielle Unterstützung angewiesen, erwarten dich zusätzlich Steuerfreibeträge. Das erspart die Auseinandersetzung mit Steuern, wenn dir ein besonders naher Mensch verloren gegangen ist.
Die Freibeträge im Überblick:
Dann ist da noch die Frage mit der Beerdigung: Organisation, Kosten – Stress. Doch auch Beerdigungskosten können teilweise steuerlich geltend gemacht werden, zum Beispiel als Pauschale in Höhe von 15.000 Euro pro Erbfall bei der Erbschaftsteuer. Außerdem als außergewöhnliche Belastungen bei der Einkommensteuer, wenn die Kosten höher sind als der Nachlass und du sie persönlich getragen hast – hierbei gilt eine Angemessenheitsgrenze von etwa 7.500 Euro. Kosten für Trauerkleidung oder Bewirtung sind leider nicht absetzbar.
Ja, wenn du etwas geerbt hast, musst du dem Finanzamt innerhalb von drei Monaten Bescheid geben. Das geht formlos, muss aber zwingend schriftlich erfolgen.
In vielen Fällen erhältst du dann Post und wirst gebeten, eine sogenannte Erbschaftsteuererklärung abzugeben. Auch wenn das vielleicht beängstigend klingt: Du kannst dir dabei helfen lassen. Steuerberater, Notare oder auch spezialisierte Erbschaftsberatungen stehen dir zur Seite.
Wenn du dir nicht sicher bist, ob du etwas melden musst, sprich lieber mit einer Fachperson. Es ist immer besser, offen und frühzeitig zu kommunizieren – das vermeidet späteren Stress.
Laut dem Finanzamt zählt zum Erbe Bargeld, Guthaben auf dem Konto, Immobilien, Schmuck, Aktien, Fahrzeuge. Der Hausrat und Haushaltsgegenstände bleiben steuerfrei, abhängig von deiner Steuerklasse. Das gilt es zu checken.
Gerade bei Immobilien wird es oft komplizierter, denn das Finanzamt legt den aktuellen Marktwert zugrunde – unabhängig von deinen persönlichen Erinnerungen oder deiner Lebenssituation. Aber es gibt Entlastungen, wenn du selbst im geerbten Zuhause lebst – besonders für Ehepartner oder Kinder: Hierfür musst du mindestens zehn Jahre in dem Haus wohnen. Als Kind des Erblassers bist du auf 200 m² beschränkt, als Witwe oder Witwer gibt es keine Flächenbegrenzung.
Wenn du bereits geerbt hast, sind die Möglichkeiten begrenzt – aber nicht völlig ausgeschlossen. Möglicherweise lassen sich bestimmte Werte anders bewerten oder Schulden abziehen.
Wenn du selbst darüber nachdenkst, was einmal mit deinem Vermögen passieren soll, kannst du mit einer frühzeitigen Planung deinen Angehörigen viel Last ersparen. Schenkungen zu Lebzeiten, ein klar formuliertes Testament oder die Einbeziehung von Experten helfen, Streit zu vermeiden – und auch unnötige Steuerbelastungen zu senken.
In manchen Fällen erben Menschen nicht nur Vermögen, sondern auch Schulden. Und dann stellt sich die große Frage: Muss ich das annehmen? Die Antwort ist: Nein.
Du hast das Recht, ein Erbe auszuschlagen – das bedeutet, du lehnst es offiziell ab. Das kann sinnvoll sein, wenn du weißt (oder vermutest), dass mehr Schulden als Vermögenswerte vorhanden sind. Wichtig ist, dass du schnell handelst: Du hast dafür nur sechs Wochen Zeit – ab „Kenntnis vom Anfall und Grund des Erbes“ laut dem Steuergesetzbuch.
Es ist verständlich, dass man in der Trauer nicht an Fristen denken will. Aber versäumte Fristen können rechtliche Folgen haben – darum lohnt es sich, sich früh jemanden zur Seite zu holen, der ein Auge darauf hat. Die Ausschlagung erklärst du schließlich beim Nachlassgericht. Auch hier kann dich ein Notar oder ein erfahrener Bestatter unterstützen.
Vielleicht hast du schon zu Lebzeiten etwas von deinem verstorbenen Menschen geschenkt bekommen – ein Geldbetrag, ein Grundstück, ein Auto, vielleicht sogar mit den Worten: „Damit du’s mal leichter hast.“ Das Finanzamt sieht da aber keinen Unterschied: Wenn die Schenkung in den letzten zehn Jahren vor dem Tod gemacht wurde, kann sie dem Erbe zugerechnet werden.
Das klingt nüchtern, fast hart – und gerade in dieser Situation kann es verwirrend sein, was alles relevant ist. Wenn du dir unsicher bist, ob eine frühere Schenkung angerechnet wird, reicht oft schon ein Blick in die Unterlagen oder ein ruhiges Gespräch mit einer Beratungsstelle. Du musst solche Fragen nicht allein klären – es gibt Hilfe, die dir weiterhilft, Schritt für Schritt.
Wenn du nicht allein erbst, sondern gemeinsam mit Geschwistern, Verwandten oder anderen Hinterbliebenen, entsteht automatisch eine sogenannte Erbengemeinschaft. Das bedeutet: Ihr seid gemeinsam Eigentümer des gesamten Erbes – mit allem, was dazugehört. Kein einzelner von euch darf allein über das geerbte Haus, das Bankkonto oder den Schmuck entscheiden. Das kann herausfordernd sein, vor allem, wenn Emotionen und Trauer viel Raum einnehmen.
Vielleicht ist euch wichtig, bestimmte Dinge zu bewahren – vielleicht aber will jemand verkaufen, weil das Geld gebraucht wird. Solche Entscheidungen könnt ihr nur gemeinsam treffen. Und genau deshalb ist es so wichtig, miteinander zu sprechen, ruhig zu bleiben und euch, wenn nötig, Hilfe zu holen. Denn auch wenn ihr nicht immer einer Meinung seid: Ihr habt denselben Menschen verloren. Und manchmal hilft genau das, um gemeinsam gute Entscheidungen zu treffen.
Das Thema Erbschaft und Steuern kann sich erschlagend anfühlen – gerade dann, wenn du noch voller Trauer bist. Vielleicht hast du das Gefühl, funktionieren zu müssen. Vielleicht möchtest du einfach nur Ruhe.
Deshalb ist es wichtig zu wissen: Du musst nicht alles allein regeln. Es gibt Menschen, die für dich Formulare ausfüllen, dich begleiten oder mit dem Finanzamt telefonieren. Und das ist kein Zeichen von Schwäche – sondern von Selbstfürsorge.
Wenn du unsicher bist, frage jemanden, dem du vertraust. Oder suche dir professionelle Hilfe – beim Steuerberater, beim Sozialdienst, bei der Verbraucherzentrale. Es ist okay, dir diese Unterstützung zu holen.