
Früchtebrot ist ein Klassiker der Adventszeit. Mit den Profitipps von Ursula Becker von der Mühle Beck im badischen Keltern gelingt auch Ihr Früchtebrot, das je nach Region auch Hutzelbrot, Berewecke, Birnenbrot, Kletzenbrot oder Zelten genannt wird, garantiert.
Nach einem alten Familienrezept wird in der Mühle Beck zur Weihnachtszeit in Keltern-Weiler bei Karlsruhe aus getrockneten Früchten und anderen Zutaten das in dieser Region „Hutzelbrot“ genannte Früchtebrot gebacken. Wie alt ihr Rezept genau ist, vermag Müllersfrau Ursula Becker nicht zu sagen. Fest steht: Früher, als sie noch ein kleines Mädchen war, backte ausschließlich die Schwester ihrer Oma, Großtante Maria, in der Müllerfamilie das Hutzelbrot – dann auch gleich in großen Mengen. „Es wurde an Verwandte und Bekannte verschenkt, außerdem waren wir selbst schon immer eine große Familie. Hutzelbrot lässt sich außerdem gut aufbewahren. Das wird nicht so schnell schlecht“, weiß Ursula Becker, die vier Geschwister, drei Kinder und schon vier Enkelkinder hat.
Sie erinnert sich noch gut daran, wie das war, als kleines Mädchen in der Mühle mithelfen zu können – oder vielmehr auch zu müssen „Wenn es samstags geregnet hat, haben wir Kinder uns gefreut. Dann mussten wir keinen Hof fegen“, erinnert sie sich und schmunzelt.

Nach Großtante Marias Rezept stellt Ursula Becker heute ihre Hutzelbrote her – genauso wie anno dazumal. Dafür weicht sie getrocknete Birnen und Pflaumen über Nacht ein. „Die Sultaninen werden nicht eingeweicht“, sagt sie. Helle und dunkle Sultaninen liegen abgewogen bereit zum Untermischen in den Teig. „Die hellen sind von den weißen Trauben, die dunklen von den blauen“, erklärt die Fachfrau, die jetzt Walnüsse hackt. Danach mengt sie die Nüsse ebenfalls unter und knetet schließlich aus dem Mehl, der abgeschütteten Früchtebrühe und den restlichen Zutaten den Teig. Der muss, weil auch Hefe enthalten ist, erst einmal in der Wärme ruhen.

Woher kommt eigentlich diese merkwürdige Bezeichnung für das weihnachtliche Gebäck? Als Hutzeln werden in Baden und Schwaben getrocknete Früchte einer alten Birnensorte, der sogenannten Hutzelbirne, bezeichnet. Der Begriff „hutzelig“ bedeutet auch „runzelig“ und das passt bestens auf das Aussehen der getrockneten Birnen, die im Brot enthalten sind. Hutzelbirnen eignen sich frisch nicht so gut zum Verzehr, da sie zu hart und herb, teilweise zu bitter sind. Durch die Trocknung runzelt die Schale. Vor allem wird die Birne, wenn sie getrocknet ist, süß und eignet sich deshalb ideal zum Weiterverarbeiten – wie beispielsweise in Hutzelbrot.

Alte Überlieferungen belegen, dass das ursprüngliche Hutzelbrot am 30. November gebacken wurde. Der Grund war, dass in der folgenden Nacht, der Andreasnacht, die „Klöpfelnächte“ begannen. Im Rahmen eines Fruchtbarkeitsbrauchs zogen in diesen Nächten verkleidete Männer durch die Straßen und bettelten um Gaben – nämlich um Hutzelbrot. Neben diesem Brauch zählte das Hutzelbrot schon immer zu den Festtagsgaben und wurde am Nikolaustag verschenkt. Auch am Stephanitag, also am zweiten Weihnachtsfeiertag, hatte das Hutzelbrot eine besondere Bedeutung: Der Hausherr schnitt das Brot an und verteilte es nicht nur unter den Familienmitgliedern und den Angestellten, sondern spendete auch einen Teil den Tieren. Das sollte Glück in den Stall bringen.

Bei Ursula Becker ist der Teig in der Backstube mittlerweile gut aufgegangen. Jetzt formt sie mit feuchten Händen vier kleine Laibe, setzt sie auf mit Backpapier ausgelegte Backbleche und schiebt sie in den vorgeheizten Ofen.
„Es schmeckt super und die Zubereitung ist kinderleicht – ein Rezept ohne viel Schnickschnack“, wirbt sie für das beliebte Mitbringsel in der Adventszeit. Alle Zutaten, die man fürs Backen ihres Hutzelbrots braucht, schnürt sie seit einigen Jahren auch im Paket und verkauft es im Mühlenladen.
Die Mühle zwischen Pforzheim und Karlsruhe wird heute in der zehnten Generation vom Müllerehepaar Ursula und Martin Becker betrieben. Von ehemals 30 Mühlen entlang der rund 60 Kilometer langen Pfinz gibt es heute gerade mal noch drei. Die Mühle der Beckers hat das „Mühlensterben“ Ende der 50er-Jahre und in der zweiten Welle Anfang der 70er-Jahre überlebt – allerdings wird die Wasserkraft schon lange nicht mehr benötigt. Für den modernen Mühlenbetrieb sind heute eher Strom und betriebswirtschaftliche Kenntnisse der Müllerinnen und Müller die treibende Kraft. Nach mancher Widrigkeit scheint sich die Ausdauer der Beckers gelohnt zu haben, denn die Nachfrage nach Mehl aus der Region ist steigend.
In diesem Sinn hat die badische Müllerfamilie, die im Jahr 2008 mit Sohn Erik Becker den Bundessieger im Müllerhandwerk, also den besten Nachwuchsmüller Deutschlands stellte, vor etwa zehn Jahren in den Ausbau eines neuen Getreidesilos investiert. Die elfte Generation steht in den Startlöchern.
Zurück zu Mutter Ursula: „Das Besondere an Großtante Marias Hutzelbrot ist nicht nur der tolle Geschmack, sondern auch die lange Lagerfähigkeit.“ Gut in Folie eingepackt, hält es bis zu zwei Monaten frisch.

Früher wurden die Hutzelbrote übrigens im Schlafzimmer gelagert. Hier herrschten im Winter fröstelige Temperaturen, in denen sich das Hutzelbrot pudelwohl fühlte. Am besten schmeckt es, wenn es etwa zwei Wochen gelagert wurde und in dieser Zeit durchziehen durfte. „Ich mag es am liebsten mit Butter bestrichen“, sagt Ursula Becker. Die Schweizer essen ihr Früchtebrot gern zu Käse, was sich zunehmend auch in Deutschland etabliert. Das wirklich leckere Brot ist mittlerweile nicht nur in der Weihnachtszeit beliebt, sondern wird ab dem Herbst in dem einen oder anderen Restaurant zu Käse, vor allem zu Gorgonzola oder Roquefort, gereicht. Nur so überleben alte Bräuche und Rezepte, wenn man sie im Alltag auch lebt und vor allem neu interpretiert.

Zutaten
(für 4 Hutzelbrote)
250 g getrocknete Birnen
250 g getrocknete Pflaumen ohne Stein
150 g Zucker
125 g Sultaninen (helle und dunkle)
250 g Walnüsse
500 g Mehl Type 1050
1/2 TL Salz
20 g Hefe (1/2 Würfel)
1 TL Zimt
1 Messerspitze Nelken gemahlen
4 EL Kirschwasser
Zubereitung
Birnen und Pflaumen mit 500 ml Wasser und Zucker erwärmen und über Nacht stehen lassen. In einem Sieb abtropfen lassen, Brühe abschütten und zur Seite stellen.
Aus Mehl, Salz, 1/4 Tasse Wasser, Brühe, Hefe, Zucker, Sultaninen, Walnüs-se, Zimt, Nelken, Kirschwasser, Birnen und Pflaumen einen Teig kneten und etwa drei Stunden ruhen lassen.
Aus dem Teig mit feuchten Händen vier Laibe formen und auf ein mit Backpa-pier ausgelegtes Backblech setzen.
Bei 175 Grad 50 bis 60 Minuten backen.
Wer möchte, kann das Hutzelbrot mit einer Zuckerglasur bestreichen.


