
In der kalten Abendluft, die mich umgab, kristallisierte mein Atem und wie kleine Tänzerinnen schwangen die winzigen Partikel umher, im bunten Licht der Weihnachtsgirlanden, die um den kleinen See herum gespannt waren. Ich selbst glitt fast lautlos über den See, hier war alles still, am Abend wagten sich nur wenige aus dem Haus und selbst diese wenigen würden Heiligabend wohl eher mit ihrer Familie verbringen.
Ich jedoch konnte mir kaum etwas Schöneres vorstellen, als mit geschmeidigen Bewegungen über das Wasser zu gleiten, wobei ich immer wieder kurz auf den kleinen Wellen aufsetzte. In eben diesem Moment geschah es, dass blütenartig Eis unter mir spross, ich lachte und in meinen Ohren klang das Geräusch fast wie das Klingeln der Weihnachtsglocken, die die Menschen so gerne läuteten in dieser Zeit.
Immer schneller bewegte ich mich über den See und zog die wild blühenden Eisblumen hinter mir her, die den See in einen magischen Schlaf lullten. Wie in Trance drehte ich mich und wiegte mich im Klang des winterlichen Nachtkonzerts des Windes, der durch die von zartem Frost bedeckten Äste der großen Tannen, die den See umgaben, fuhr und eine magische Melodie erschuf, die nur der Winter selbst zustande brachte.
In immer enger werdenden Kreisen nahm ich eine arabeske Haltung an, das freie Bein hoch, die Arme weit, Finger gestreckt und der Rücken durchgedrückt. Es war ein Bild von vollkommener Balance, wie ich im fahlen Licht des sich über mir ausdehnenden Mondes immer enger um das Zentrum des Sees kreiste.
Als ich schließlich schwer atmend zum Stehen kam, klirrte mein Kleid aus winzigen, sich ineinander schlingenden Eiskristallen leise, wobei jeder von ihnen das silberne Himmelslicht brach und ein Kaleidoskop aus silbernen Funken entstand, die nunmehr still auf dem mich umgebenden Eis tanzten.
Während sich meine Atmung wieder beruhigte, glitt mein Blick über die Grenzen des Sees hinaus, hin zu den unzähligen kleinen Häuschen, in denen die Menschen zusammen mit ihren Familien saßen. Ich konnte mir bereits vorstellen, wie es in den Küchen nach Weihnachtsessen und frischen Keksen roch,während sich kleine Kinder um die leuchtenden Bäume scharten und auf den Weihnachtsmann warteten, der ihnen bunte Päckchen brachte und ihre jungen Augen vor Wunder und Magie schier glühen ließ.
Ich lächelte sanft bei dem Gedanken daran, denn auch ich würde meinen Teil dazu beitragen, Weihnachten für die Menschen magisch zu machen.
Mit diesem Vorsatz schwang ich mich schon kurz darauf in die Luft, und dort, wo meine Zehenspitzen auf dem See zuvor Blumen aus Eis erschaffen hatten, entstanden nun im Himmel des Weihnachtsabends unzählige kleine weiße Sterne, die sacht wie Federn in die Tiefe segelten und die gepflasterten Straßen des Dorfes unter einer weißen Decke begruben.
Weiße Weihnacht, dachte ich glücklich, als ich stetig weiter durch den Himmel tanzte und mir die Augen der Kinder vorstellte, wenn sie morgen aufwachten und die Welt in Weiß getaucht vorfinden würden.
Kyra Brand, Stockach
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