Schäferlauf? Ein Wettlauf unter Schäfern? Klingt zunächst wenig spektakulär. Doch das Fest hat weit mehr zu bieten als nur den sportlichen Wettbewerb. Die jahrhundertealte Tradition wird bis heute mit großer Begeisterung gefeiert – ein guter Anlass also, den Schäferlauf einmal genauer zu betrachten.
Der Schäferlauf vereint das Handwerk der ehemaligen Schäferzunft, Musik, Heimatbräuche und die Trachtenkultur und erfreut sich sowohl bei den Bürgern der Stadt als auch bei den schaulustigen Besuchern großer Beliebtheit. Kein Zufall also, dass der Bad Uracher Schäferlauf gemeinsam mit den Schäferläufen in Markgröningen und Wildberg im Jahr 2018 von der UNESCO-Kommission ins bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen wurde. Highlight des Schäferlaufs ist natürlich der Schäferlauf: Ein Wettrennen zwischen Schäfer und Schäferinnen.
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Wie die Tradition des Schäferlaufs entstanden ist, lässt sich heutzutage nicht genau sagen. Und wo Informationen fehlen, werden Legenden geboren. Der Volksmund erzählt vom Schäfer Bartel, dem Treulosigkeit vorgeworfen wurde: Er solle die Schafe des Grafen von Gröningen heimlich verkauft und das Geld für sich behalten haben.
Empört von diesen Gerüchten der Treulosigkeit beschloss der Graf, Bartel persönlich zu testen. Verkleidet als Metzger bot der Graf dem jungen Schäfer eine stattliche Summe, um ihm ein Schaf unerlaubt abzukaufen. Der junge Schäfer wies das verführerische Angebot standhaft zurück. Beeindruckt von seiner Ehrlichkeit, offenbarte sich der Graf und feierte aus Dankbarkeit ein Fest zu Ehren seines treuen Schäfers. War das vielleicht die Geburt des Schäferlaufs?
Was sich jedoch belegen lässt: Der Schäfertag in Markgröningen wurde erstmals 1443 erwähnt und war damals ein verpflichtendes Treffen für die Zunft. Nach der Versammlung fand ein Wettlauf zwischen den ledigen Schäfern und Schäferinnen statt – die Sieger wurden für ein Jahr zum „Königspaar“.
Bei der Versammlung herrschte Anwesenheitspflicht für alle Albschäfer trotz des teils sehr weiten Anreisewegs. Nachsichtig erlaubte Herzog Eberhard Ludwig im Jahr 1723 schließlich, dass auch in den Städten Heidenheim, Wildberg und Bad Urach Generalversammlungen mit Schäferläufen abgehalten werden dürfen. Auch nach der Auflösung der Schäferzunft in 1828 besteht die Tradition in Bad Urach bis heute.
Ab dann übernahmen die Metzgerzunft und die Stadt die Durchführung des Schäferlaufs. Bereits zuvor hielt die Metzgerzunft beim Schäferlauf ein besonderes Amt inne: Zu Pferd als sogenannte „Kreisreiter“ überwachten sie die Veranstaltung und sorgten für Ordnung. Auch dieser Brauch wird bis heute geehrt, denn der Auftritt der fünf Kreisreiterpaare – alle entweder selbst Metzger oder mit Metzgern verwandt – ist ein bedeutender Bestandteil des Festakts.
Schon Wochen vor der eigentlichen Veranstaltung gehen die Festlichkeiten in der Stadt los: Das Festbier wird präsentiert, die Festspielgruppe „D’Schäferlies“ führt ihr gleichnamiges Theaterstück auf. Das Stück von Hans Reyhing gehört seit 1923 fest zum Schäferlauf dazu und thematisiert einen Konflikt zwischen Bauern und Schäfern: Ist Acker oder Schafsweide wichtiger? Natürlich darf dabei auch nicht die Liebesgeschichte fehlen, die durch den Konflikt belastet wird. Längst hat sich das Festspiel zu einem Klassiker entwickelt.
Ein weiteres Festspektakel ist das Leistungshüten. Die teilnehmenden Schäfer treiben hierbei mit ihrem Hund eine fremde Schafherde mit ungefähr 300 Tieren über ein vorgegebenes Gelände vor den Augen einer Jury. Bewertet wird das Auspferchen, das Treiben der Tiere und die Bewältigung eines Verkehrshindernisses. Die Siegerehrung findet mit dem Schäferlauf am Festsonntag statt.
Sonntags, noch vor dem Wettlauf der Schäfer, beginnt der große historische Festumzug. Mit über 2.000 Teilnehmern, bekleidet in prächtigen Trachten, mit zünftiger Musik und geschmückten Kutschen macht sich der Festzug auf den drei Kilometer langen Weg bis zum Festplatz Zittelstatt. Ganz ohne Motoren kommt der Umzug aus, dafür wird auf echte Pferde- und Ochsenstärken gesetzt. Weitere tierische Begleiter und Zuschauerlieblinge sind die Ziegen, Schafe und Gänse.
Sobald die quirlige Truppe auf dem Festplatz angekommen ist, wird das Tanzbein geschwungen: Die fünf Kreisreiterpaare tanzen den Metzgertanz sowie den Bechertanz. Ziel des Bechertanzes ist es, möglichst elegant im Tanz einen aufgehängten Becher mit dem Kopf umzuschütten. Das Siegerpaar erhält als Preis einen Hahn.
Dann endlich fällt der Startschuss für die Wettläufe: So schnell wie er anfing, endet der Lauf auch wieder, denn die Teilnehmenden schenken sich gegenseitig nichts und rasen über die Ziellinie. Jeweils die Siegerin und der Sieger werden zum Schäferkönigspaar gekrönt und gewinnen ein Schaf. Die Mitläufer und Mitläuferinnen tanzen abschließend traditionell zu Ehren des Königspaars den Schäferreigen. Beendet wird das Fest dann schließlich am Montag mit einem großen Feuerwerk.