Der Begriff Selbstfürsorge meint zweierlei – zum einen eine spezifische innere Haltung (oder Einstellung) sich selbst gegenüber, zum anderen das konkrete Tun, welches auf dieser Haltung gründet. Diese Haltung setzt sich wiederum aus drei Aspekten zusammen: Selbstaufmerksamkeit, Selbstakzeptanz und Selbstwohlwollen.
Selbstaufmerksamkeit ist im Umgang mit Stress die bewusste Wahrnehmung eigener Bedürfnisse, Befindlichkeiten und Belastungsgrenzen. Und das funktioniert nicht immer: die gewohnheitsmäßige Ausblendung (Missachtung) eigener Grenzen und Befindlichkeiten gehört nicht selten zum Bild einer chronischen Erschöpfungssymptomatik („Burnout“). Frei nach dem Motto: Augen zu und durch!
Beim Training von Selbstaufmerksamkeit wird deshalb die Wahrnehmung des eigenen Körpers und seiner Signale geübt. Dazu gehört das Bemerken von willkürlichen und unwillkürlichen gedanklichen Vorgängen mit den damit oft einhergehenden Gefühls- und Stimmungslagen.
Selbstakzeptanz ist die Fähigkeit sich selbst annehmen zu können – mit all seinen Stärken, den Schwächen und Begrenzungen. Die eigenen Ambitionen und Interessen im Bereich der persönlichen Weiterentwicklung (z. B. in den Feldern Status, Kompetenzen, Fitness) brauchen dabei freilich nicht ausgeblendet zu werden. Insofern stehen Selbstakzeptanz (bezogen auf den Status quo) und Optimierungsinteresse hier in einem dynamischen Wechselverhältnis.
Selbstwohlwollen meint den freundlich liebevollen Umgang mit uns selbst. Uns selbst gegenüber Wohlwollen und Freundlichkeit zu empfinden gelingt uns üblicherweise dann am leichtesten, wenn wir unseren Erwartungen und Ansprüchen an uns selbst entsprechen. Man kann sich leicht selbst anerkennend auf die Schulter klopfen, wenn man das hinkriegt, was man sich vorgenommen hat. Falls dies nicht der Fall ist, bleibt diese Freundlichkeit erfahrungsgemäß sehr schnell auf der Strecke. Dabei gibt es eine Form von Selbstwohlwollen, die darüber hinausgeht, – die nicht an die Kategorien Erfolg/Misserfolg, Erwartungen erfüllt/nicht erfüllt gebunden ist. Also ein Wohlwollen uns selbst gegenüber, das an keinerlei Bedingungen geknüpft ist.
Wir alle haben hoffentlich diese Art der Zuwendung im Verlauf unseres Lebens (insbesondere in der Zeit unseres Heranwachens) von anderen, uns nahestehenden Menschen erfahren und sie quasi als „Beziehungs-Blaupause“ uns selbst gegenüber abgespeichert. Da es sich hierbei oft um unsere Großmütter oder Großväter gehandelt hat (die haben es mit dieser Form der Zuwendung oft leichter als die Eltern) sprechen die Japaner in diesem Zusammenhang auch vom Großmutter-Geist, den es sich selbst gegenüber zu kultivieren gilt.
Die positive „Beziehungs-Blaupause“ spielt auch beim Thema Resilienz eine Rolle. Resiliente Menschen zeichnen sich ja durch die Fähigkeit aus nach belastenden Ereignissen und Stress möglichst rasch wieder zu psychischer Stabilität und psychischem Wohlbefinden zurückzufinden. Und die Resilienzforschung zeigt in der Tat, dass neben anderen Faktoren, Selbstwohlwollen hierzu einen wichtigen Beitrag leistet.