Unterwegs in BW

Tick im BW-Takt: Baden-Württemberg und seine Uhrengeschichte

Das Ländle stellt die Uhr um. In der Nacht zum 26. Oktober beginnt die Winterzeit. Grund genug, mal auf die Uhr zu schauen. Wir haben ja Zeit.
Viele Schwarzwälder Kuckucksuhren nebeneinander auf einer roten Wand
Tick Tack ... im Schwarzwald schlagen die Uhren andersFoto: David Taljat/iStock Editorial/Getty Images Plus

Baden-Württemberg stellt wieder die Uhr um. In der Nacht zum 26. Oktober beginnt in unserer Zeitzone die Winterzeit – ein Ritual, das uns innehalten lässt. Während wir unsere Wecker stellen, lohnt sich ein Blick auf die vielen Zeitmesser des Landes. Vom mittelalterlichen Torturm in Heidelberg bis zur modernen „entschleunigten“ Kuckucksuhr verbinden Uhren hier Geschichte, Handwerk und Lebensgefühl.

Mehrere Gebäude in Triberg-Schonach, darunter die größte Kuckuksuhr Deutschlands, ein Haus mit Uhrfassade, davor Menschen
Ach du großer Kuckuck ... in Triberg im Schwarzwald steht die größte Kuckucksuhr Deutschlands.Foto: RnDmS/iStock Editorial/Getty Images Plus

Auf der Staße durch die Zeit: Die Deutsche Uhrenstraße

Der Schwarzwald und die Kuckucksuhr … die Kombi kennt man wohl vom Ländle über Hollywood bis Japan. Im Schwarzwald begann im 17. Jahrhundert die Serienproduktion von Uhren. Um 1730 wurde die Uhrmacherei dort zu einem zentralen regionalen Gewerbe; später lieferten die Schwarzwälder bis zu 600.000 Holzuhren pro Jahr in alle Welt und beherrschten zeitweise sechzig Prozent des internationalen Marktes. An der „Deutschen Uhrenstraße“ begegnet man der legendären Kuckucksuhr, kann im Deutschen Uhrenmuseum in Furtwangen mehr als 8000 Exponate entdecken, oder im Uhrenindustriemuseum Villingen Schwenningen die Industrialisierung nachvollziehen. Höhepunkt ist die weltgrößte begehbare Kuckucksuhr in Triberg: ein acht Meter langer Pendel schwingt vor den Besuchern.

Hier die Schwarzwälder Uhrenstraße digital befahren

Schreinermeister Max Geling mit seinen Schwarzwald-Uhren
Jedes Stück ein Unikat: Schreinermeister Max Geling überrascht mit der etwas anderen Kuckucksuhr.Foto: Dimtiri Dell

Zeit-Entschleuniger

Einer, der auch heute noch Kuckucksuhren baut, ist Max Geling aus Kandern. Seine sind aber besonders. Der Schreinermeister verzichtet auf den Sekundenzeiger, nimmt dem mechanischen Vogel den Ruf und gestaltet jedes Gehäuse als Unikat. Seine „entschleunigten“ Uhren erinnern daran, dass Zeit nicht nur gemessen, sondern erlebt wird. Mitten im Trubel der Zeitumstellung lädt der Blick auf eine ruhige Uhr zum Durchatmen ein.

Hier einen Blick in Max Gelings Werkstatt werfen

Astronomiestunde in der Innenstadt

Auf dem Marktplatz in Esslingen zeigt die älteste noch funktionierende mittelalterliche Uhr Deutschlands nicht nur Stunden und Minuten: Sie besitzt eine astronomische Anzeige, bei der der Sonnenzeiger einen Jahresumlauf, der Mondzeiger eine 27-tägige Runde und der „Drachenzeiger“ einen 18-jährigen Zyklus vollführen – so lassen sich Sonnen- und Mondfinsternisse vorhersagen.

Auch in Ulm bietet die Rathausuhr eine ähnliche himmlische Choreografie; der Drache markiert, wann Sonne, Mond und Erde in einer Linie stehen. Diese Instrumente zeigen, dass Zeit früher ein Kosmos aus Himmelsbewegungen war – ein faszinierender Kontrast zur heutigen digitalen Zeitanzeige.

Im obersten Stockwerk des Torturms wurde 1839 das Uhrwerk eingebaut.
Im obersten Stockwerk des Torturms wurde 1839 das Uhrwerk eingebaut.Foto: Ralf Kuhlen / ssg

Tor zum Schloss und zur Zeit

Wer das Heidelberger Schloss betritt, muss quasi durch die Zeit gehen … Der mächtige Torturm des Schlosses stammt aus dem Jahr 1531; doch sein Uhrwerk wurde 1839 von Uhrmacher Christian Stieffel installiert. Über Jahrzehnte musste es täglich oder wöchentlich aufgezogen werden – und regelte den Alltag der Stadt. Erst 1999 erhielt die Uhr eine elektronische Steuerung, die ihre großen vergoldeten Zifferblätter weiterhin in der Sonne glänzen lässt. Das Schloss nutzt die Zeitumstellung zum Beispiel als Anlass, um beim „Frühlingserwachen“ seine Türen zu öffnen und die Geschichte des Uhrenturms zu erzählen.

Hier gibt es mehr zur Heidelberger Schlossuhr

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Schwetzingen: Turmuhr im Schloss
Die Zeit zeigt Johann Jacob Möllingers Uhr am Schwetzinger Schloss auf ihre ganz eigene Weise: Großer und kleiner Zeiger sind vertauscht.Foto:

Verdrehte Welt: Zeit als Hofkunst in Schwetzingen

Auch am Schloss Schwetzingen tickt die Zeit (fast) noch im Geiste des 18. Jahrhunderts – zumindest in der Erinnerung. Das historische Turmuhrwerk stammt von Johann Jacob Möllinger, seines Zeichens Hofuhrmacher am kurfürstlichen Hof und geht zurück aufs Jahr 1763.

Die Schlossuhr ist und war ein mechanisches Wunderwerk: sie trieb über Hebelgetriebe Anzeigen an verschiedenen Fassadenseiten, zeigte Stunden und Viertel, und verband Technik mit Hofrepräsentation. Kurfürst Karl Theodor war selbst ein Sammler ausgefallener Uhren und mechanischer Objekte – man kann sich vorstellen, dass eine Zeitumstellung im Sinne seiner Uhrenleidenschaft ihm durchaus gelegen wäre - wenn das auch ziemlich viele Umdrehungen mit sich gebracht hätte ... Kleines Detail: An der Uhr ist nicht alles so, wie es eigentlich gehört …

Das kleine Geheimnis der Möllinger Uhr lösen wir hier

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Calw: Turmuhrenmanufaktur Perrot
Chefvisite: Christoph Perrot inspiziert Läutetechnik.Foto: Manuel Kamuf - lightworkart

Die Meister der Zeit

Zurück ins Hier und Heute: In Calw, am Rande des Schwarzwaldes, sitzt ganz unscheinbar am Rand der Stadt eine Firma von Weltrang. Seit 1860 ist die Perrot GmbH & Co. KG Turmuhren und Läuteanlagen hier zu Hause und verbindet in ihrer Manufaktur Tradition mit Moderne. Als führender Hersteller von Turmuhren, elektrischen Glockenläuteanlagen, Glockenspielen, Spezialuhren hat man sich einen Namen gemacht und schreibt seit über 160 Jahren Zeitgeschichte – auch mit Superlativen: So stammt das weltgrößte Ziffernblatt aus dem Hause Perrot. Weiterer Fun Fact: Hermann Hesse, der wohl berühmteste Calwer, machte bei Perrot seine ersten Erfahrungen mit dem Berufsleben: Als 17-Jähriger bei einem Praktikum. Später setzte der Weltliterat diesen Erfahrungen in seinem „Glasperlenspiel“ ein literarisches Denkmal.

Ein Blick hinter die Kulissen bei Perrot

Blick in die Zukunft

Die EU Kommission möchte die regelmäßige Zeitumstellung abschaffen und den Mitgliedstaaten erlauben, selbst zu entscheiden, welche Zeit dauerhaft gelten soll. Doch bis sich die Staaten einig sind, bleibt das Drehen an der Uhr ein Ritual. Und so heißt es auch dieses Mal wieder: Wer hat an der Uhr gedreht? Oder wer hat es vergessen? Vielleicht hilft der Ausflug zu Baden-Württembergs Uhren, den Wechsel nicht nur als bürokratischen Akt zu begreifen, sondern als Anlass, das Phänomen Zeit neu zu entdecken.

von Johannes Rehorst
08.10.2025
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