Nach Angaben des Deutschen Jagdverbandes kollidiert alle 2,5 Minuten ein Reh, Hirsch oder Wildschwein mit einem Fahrzeug. Die Gefahr nimmt zur Brunftzeit im Herbst bei Rot- und Damwild zu, wenn das Wild quasi blind vor Liebe über die Straßen läuft. Weil der Berufsverkehr mehr und mehr in die Morgendämmerung fällt, ist bei allen Wildarten besondere Aufmerksamkeit geboten.
Wildwechsel-Schilder sollten deswegen unbedingt ernst genommen werden. Es empfiehlt sich, den Straßenrand im Blick zu behalten, den Abstand zum Vordermann zu vergrößern und die Geschwindigkeit zu drosseln. Versicherungsexperte Thiess Johannssen warnt: „Wer mit 80 statt 100 km/h unterwegs ist, verkürzt seinen Bremsweg um 25 Meter.“
Taucht ein Tier am Straßenrand auf, heißt es abbremsen, abblenden und langsam vorbeifahren. Einmal kurz hupen führt in der Regel dazu, dass die Tiere weglaufen. Wenn es dennoch zu einem Wildunfall gekommen ist, sofort die Warnblinkanlage einschalten, die Unfallstelle absichern und die Polizei informieren. Eine Wildunfallbescheinigung ist nicht mehr zwingend notwendig, damit der Schaden von der Versicherung reguliert wird. Allerdings muss der Versicherte nachweisen, dass Wild den Schaden verursacht hat. Daher sollte die Werkstatt Spuren von Blut und Haaren am Fahrzeug dokumentieren. Was viele nicht wissen: Oft decken Verträge nur Kollisionsschäden durch Haarwild ab. Ratsam ist daher zu prüfen, ob die Kasko-Versicherung auch bei Unfällen mit Wirbeltieren aller Art einspringt.
Neben einfachen Verhaltensregeln für Autofahrer können auch moderne Assistenzsysteme die Zahl der Unfälle reduzieren oder deren Folgen mildern. Der ADAC hat im Rahmen dieses Projekts unter anderem die Wirksamkeit von Nachtsicht-Systemen untersucht. Sie erkennen mit Infrarotsensoren die Wärmestrahlung von Fußgängern oder Tieren. Dadurch können die Systeme frühzeitig warnen oder die Bremsung unterstützen. Im Funktionstest bei Nacht konnte der Assistent des Peugeot 508 zwar überzeugen, allerdings werden laut ADAC die Nachtsicht-Assistenten bislang vor allem in der oberen Mittel- und Oberklasse angeboten – und dies nur als teurere Sonderausstattung. Ein serienmäßiger Verbau und die flottendurchdringende Verbreitung sind langfristig nicht in Sicht.
Notbremsassistenten dagegen werden 2024 in allen Neuwagen Pflicht, sie sind aber bislang nur auf die Erkennung von Fahrzeugen, Fußgängern und Radfahrern hin optimiert. Doch gerade die häufig verbauten Radarsensoren könnten bei Dunkelheit oder Nebel ihre besonderen Stärken auch bei der Erkennung von Tieren ausspielen. Der ADAC hat mit dem Test von Notbremssystemen zur Vermeidung von Wildunfällen Neuland betreten. Denn noch gibt es kein festgelegtes Testverfahren.
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Zu den Wildtieren zählen laut der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald sowohl Reh-, Damm- und Rotwild als auch Luchs, Fuchs, Dachs, Wildkaninchen, Wildschwein, Marder und Feldhase. Eine ausgebüchste Kuh oder ein Fasan zählen nicht zum Haarwild. Das kann von Bedeutung sein, weil die Teilkaskoversicherung in der Regel den am Auto entstandenen Schaden nur bei Unfällen mit Wildtieren ersetzt. Die Kfz-Haftpflicht deckt sie ohnehin nicht ab. Übrigens: Die Mitnahme des toten Tieres gilt als Wilderei. Es droht eine entsprechende Strafe.