Eine Herausforderung, die – wie der Begriff schon sagt – „fordernd“ ist, aber gleichermaßen auch als große Bereicherung betrachtet werden kann, ist die Mehrsprachigkeit, die einem Jugendtrainer oftmals in seiner Mannschaft begegnet. Jeder Spieler bringt seine eigene Geschichte mit, kommt aus einem anderen Umfeld. Und so wachsen die Spieler häufig auch mit unterschiedlichen Sprachen auf.
Hinsichtlich der Kommunikation, die nicht nur im Training mit Kindern ein wichtiger Schlüssel ist, mag ein Trainer diese unterschiedliche sprachliche Sozialisierung zunächst eher als zeitraubende Hürde wahrnehmen. Je nachdem welche Sprachkenntnisse die Trainingsteilnehmer mitbringen, ist es oft gar nicht so einfach, allen Kindern alles verständlich zu erklären – möglicherweise gelingt das manchmal nur mit vollem Körpereinsatz. Gerade im Training mit jüngeren Kindern können die Sprachkenntnisse der Kinder aber auch ganz leicht genutzt und gefördert werden. Wie das gelingen kann, soll in diesem Beitrag mit einigen Praxisbeispielen veranschaulicht werden.
Die Frage, ob es bei den Sprachkenntnissen der Trainingsteilnehmer Unterschiede gibt und wie stark diese Unterschiede ausgeprägt sind, bestimmt die Herangehensweise des Trainers. Es macht einen enormen Unterschied, ob sich die Kinder in der gleichen Sprache untereinander verständigen können und einige von ihnen lediglich fußballspezifische Begriffe nicht kennen oder ob es innerhalb der Gruppe derart große sprachliche Unterschiede gibt, dass grundlegende Informationen auf andere Art und Weise geteilt werden müssen. Ist Letzteres der Fall, so kann der Trainer mit unterschiedlichen Mitteln erreichen, dass die Informationen auch den Kindern zukommen, denen die sprachlichen Kenntnisse fehlen.
Gibt es Themen und Inhalte, die in jedem Training von Bedeutung sind und bei denen es sinnvoll ist, sie öfter zu wiederholen (beispielsweise Ablauf des Trainings, gemeinsam vereinbarte Regeln etc.), so kann eine bildliche Veranschaulichung helfen. Eine Möglichkeit, die einmalig etwas Aufwand mit sich bringt, dann aber mindestens eine Saison wetterunabhängig genutzt werden kann, ist die Erstellung laminierter Karten. Diese können einfach auf dem Platz gezeigt und platziert werden und sind den Kindern so dauerhaft vor Augen. Dies kann – unabhängig vom sprachlichen Background – ein Mehrwert zur Orientierung für alle Kinder im Training sein.
► Praxisbeispiel: Trainingsablauf mit Symbolen
Praxistipp: Die Visualisierung der Trainingsinhalte, wie z. B. Begrüßung oder Aufwärmphase, hilft den Kindern Regelungen und Strukturen im Blick zu behalten und trägt zur besseren Orientierung bei.
Der Trainer trägt mit seinen Äußerungen ganz entscheidend dazu bei, ob die Kinder ihre eigenen Sprachkenntnisse als unzureichend wahrnehmen oder ob sie sich mit Blick auf die Mehrsprachigkeit, die sie in das Trainingsgeschehen einbringen, wertgeschätzt fühlen. Im Folgenden wird anhand zweier Praxisbeispiele erläutert, wie der Trainer einen wertschätzenden Umgang mit den unterschiedlichen Sprachen ganz leicht integrieren kann, um ein harmonisches und starkes Miteinander entstehen zu lassen.
Mehrsprachiges Begrüßungsritual
Eine simple Idee kann bereits vor dem eigentlichen Trainingsstart umgesetzt werden. Zu Beginn jedes Trainings begrüßt immer ein anderes Kind die Mannschaft in seiner Muttersprache. Die anderen Mannschaftsmitglieder können ermuntert werden, die Begrüßung in der ihnen vielleicht fremden Sprache nachzusprechen – Korrekturen und Hilfestellungen nimmt das Kind, das begrüßt hat, vor. Für die Kinder, die eine andere Sprache ins Training einbringen, ist es ein schönes Gefühl, den Trainingsteilnehmern etwas „beibringen“ zu können. Oftmals werden sie im Alltag verbessert, weil sie die deutsche Sprache noch nicht perfekt beherrschen.
Mehrsprachiges Bewegungsquiz
Bei der folgenden Übung wird allen Kindern und ihren sprachlichen Fähigkeiten nicht nur Wertschätzung entgegengebracht, sondern die Trainingsteilnehmer stellen auch fest, dass ohne das Zusammenarbeiten im Team jeder Einzelne wenig Erfolg hat. Die Kinder werden hierfür in zwei oder mehrere Teams eingeteilt. Hinter einem kurzen Slalom-Dribbel-Parcours (das Absolvieren ist mit oder ohne Ball möglich), der für jede Mannschaft aufgebaut wird, liegen verschiedene Karten. Sie sind mit einzelnen Fußballbegriffen in verschiedenen Sprachen, beispielsweise in allen Sprachen, die in der Mannschaft vorkommen, beschriftet. Jedes Kind darf, wenn es an der Reihe ist, durch den Parcours gehen, eine Karte mitnehmen und sich wieder auf den Rückweg zu seinem Team machen. Ziel eines jeden Teams ist es, die Begriffe korrekt zuzuordnen (Beispiel: „Elfmeter“ auf Deutsch, Türkisch, Italienisch, Albanisch und Kroatisch). Das Spiel läuft so lange bis alle Mannschaften alle Begriffe zugeordnet haben. Gewonnen hat die Mannschaft, die die meisten Wörter richtig zugeordnet hat (pro richtiger Zuordnung ein Punkt, ein Extrapunkt für das schnellste Team).
Wenn in einem Team nicht alle Sprachen, die auf den Karten aufgeführt sind, beherrscht werden, sollen die Kinder dennoch versuchen, die Karten richtig zuzuordnen und sich mit der ihnen fremden Sprache zu beschäftigen. Beendet wird das Quiz in der Gesamtgruppe. Die Kinder, die die entsprechenden Sprachen sprechen, helfen beim Auflösen.
► Praxisbeispiel: Mehrsprachiges Bewegungsquiz auf Ukrainisch
Praxistipp: Geht der Trainer wertschätzend mit den Kindern und ihren sprachlichen Voraussetzungen um, fördert er ein positives Selbstwertgefühl bei jedem Einzelnen und das „Wir-Gefühl“ innerhalb der Gruppe.
Wie bereits zu Beginn des Beitrags erwähnt, kann die Mehrsprachigkeit innerhalb einer Gruppe alle Teilnehmer vor Herausforderungen stellen. Den Trainern sollte bei der Thematisierung der Mehrsprachigkeit bewusst sein, dass dies die Offenheit gegenüber allen Sprachen fördern soll. Es soll nicht ausschließlich das Ziel verfolgt werden, den Kindern, die nicht Deutsch sprechen, die deutsche Sprache näher zu bringen. Die von uns aufgeführten Übungen können eine Hilfestellung sein, die Mehrsprachigkeit im Training aufzugreifen, zu fördern und wertzuschätzen. Selbstverständlich ist der Umgang mit dieser oftmals großen Aufgabe nicht immer leicht, dennoch ist es uns wichtig, alle Trainer dazu zu animieren, positiv an diese „Challenge“ heranzugehen, damit diese – bestenfalls mit Freude – gemeinsam im Team erfolgreich gemeistert werden kann.