Georg Riedel aus Kufstein sagte einmal: „Es gibt keinen schlechten Wein, sondern nur das falsche Glas.“ Der berühmte Tiroler Gläserhersteller hat es sich zur Aufgabe gemacht, für jede Rebsorte das passende Glas zu entwickeln. Ich gestehe, dass ich schon einige sogenannte Gläserproben mitgemacht habe. Dabei wird ein Wein in mindestens drei unterschiedliche Weingläser ausgeschenkt. Jedes Mal bin ich wieder verblüfft, wie sehr sich derselbe Wein aus drei Gläsern unterscheiden kann.
Dafür gibt es Gründe: Je nachdem wie das Glas geformt ist, trifft der Wein zuerst auf bestimmte Stellen auf der Zunge. Am Zungenrand schmecken Sie die Säure und die Salzigkeit eines Weines um ein Mehrfaches intensiver. Normalerweise erwarten wir, dass die Weingläser nach oben hin zulaufen, damit der Duft gebündelt wird. Das Rieslingglas von Riedel dagegen hat am Glasrand eine Lippe nach außen. Wir Weinfreunde sprechen vom „Säure-spoiler“, denn der Wein trifft aus diesem Glas zuerst am Zungenrand auf, wo die Säure viel präsenter wirkt. Auf der Zungenspitze haben Sie dagegen ein höheres Süßempfinden.
Je nachdem wie hoch der „Kamin“ des Glases ist, kommt der Wein weiter vorne oder hinten auf der Zunge auf. Der Geschmack leichter Weine geht in zu großen Gläsern oft verloren, während kraftvolle Weine unbedingt viel Raum brauchen. In großen Gläsern bekommt der Wein auch mehr Sauerstoff, was eine Oxidation, also eine Reifung des Weines im Glas bewirkt.
Ich beneide jeden, der es sich leisten kann. Aber wenn wir die Kirche im Dorf lassen, reichen zwei Universalgläser aus, ein schlankeres Glas für Weißwein und ein größeres für Rotwein. Selbst der Sekt und sogar Champagner werden heute immer mehr aus Weingläsern getrunken, wenn es sich um gute Tropfen handelt. Denn auch die wollen sich im Glas entfalten. Sektflöten taugen dazu gar nicht. Und Sektschalen – pardon – eignen sich eigentlich nur noch, um darin einen Krabbencocktail zu servieren.
Im Vergleich zu früher sind die Weingläser deutlich größer geworden. Dünnwandigkeit ist allerdings ein Muss, und nach oben hin sollten sie sich verjüngen, damit der Duft gebündelt aufsteigt. Ein langer Stiel hat den Vorteil, dass der Wein nicht so schnell durch die Hand erwärmt wird, und dass auch Gerüche von der Hand, eine Handcreme etwa oder Parfum am Handgelenk, den Duft des Weines nicht beeinträchtigen.
Ideales für zuhause bietet zum Beispiel die „Authentis“-Serie von Spiegelau. Die Gläser sind zwar maschinell gefertigt, aber ohne Naht, somit ähneln sie mundgeblasenen; maschinell gefertigte Gläser sind übrigens nach wie vor stabiler im Alltag. Wer es etwas verspielter und eleganter mag, wird bei Zwiesel 1872 fündig, absolut edel. Interessant sind auch die Gläser der „Sensis“-Serie von Eisch, die die Aromen eines Weines besonders gut transportieren können. Absolut außergewöhnlich in der Form ist die Serie „Vision“ von Zieher, die Varianten wie „fresh“, „straight“ oder „intense“ anbietet; die Weine sollen je nach Form frischer, charaktervoller oder harmonischer herauskommen.
Es gibt natürlich noch viele weitere außergewöhnliche Hersteller mit besonderen Serien. Davon möchte ich Ihnen unbedingt noch die Gläser von Zalto und René Gabriel vorstellen. Sie sind extrem dünnwandig und zählen derzeit zu den Favoriten unter den Weinverkostern. Die Weine wirken fast punktiert – man riecht und schmeckt alles extrem, Aromen, Säure, Süße, Tannine und mehr. Gerade zum Testen eines Weines sind diese Gläser sehr gut geeignet. Zum Genießen können sie aber auch anstrengend sein.
Mein persönliches Fazit: Ein gutes Glas gehört unbedingt in jeden Haushalt. Für alle, die Spaß daran haben, ihre Kollektion zu erweitern – das kommt manchen Weinen natürlich nochmal zugute –, gibt es ein großes Spielfeld.
Aber nicht nur das richtige Weinglas ist für perfekten Weingenuss wichtig, sondern auch die richtige Trinktemperatur.