Unsere sozialen Beziehungen werden in der Stress- und Resilienzforschung als wichtiger Schutzfaktor angesehen. Familie, Freundschaften, Bekannte, soziale Netzwerke im beruflichen und privaten Bereich sind in unterschiedlichem Ausmaß bedeutsam für unser Wohlbefinden. Sie vermitteln uns Zugehörigkeit, Sicherheit, Unterstützung, vielfältige Anregungen, Inspirationen und Lernen. Im Umgang mit Belastungen und insbesondere länger anhaltendem Stress erhöht soziales Eingebundensein unsere Widerstandsfähigkeit.
In Ergänzung dazu soll es hier jedoch um eine sehr spezielle Beziehung gehen, nämlich die, die wir zu uns selbst haben. Angenommen jemand würde fragen: Wie würden wir diese Beziehung zu uns selbst beschreiben? Wie würden wir den Umgang beschreiben, den wir mit und selbst pflegen? Würden die Begriffe, die wir verwenden, um eine „gute Beziehung“ zu anderen Menschen zu beschreiben, auch für die Beziehung zu uns selbst zutreffen: freundlich, zugewandt, wohlwollend, nah, vertraut, verlässlich, aufmerksam, verständnisvoll, unterstützend …? Oder manchmal doch eher so: fordernd, überkritisch, vorwurfsvoll, unzufrieden, ungeduldig…?
Wir gestalten und leben die Beziehungen zu anderen Menschen durch Kommunikation. Dies gilt auch für die Beziehung zu uns selbst, d. h. wir kommunizieren mit uns selbst, indem wir innere Selbstgespräche führen oder uns selbst und unser Handeln kommentieren. Wenn wir also mehr über unsere Beziehung zu uns selbst erfahren wollen, müssen wir nur mehr auf diese Selbstgespräche und Kommentierungen achten und uns dabei quasi selbst zuhören. Das ist gar nicht so selbstverständlich, weil diese oft unwillkürlich (d. h. ohne, dass wir sie willentlich in Gang setzen und betreiben) und automatisch unter unserer Aufmerksamkeitsschwelle ablaufen. „Einflüsterungen“, die uns einfach passieren, die aber trotzdem einen erheblichen Einfluss auf unsere Befindlichkeit haben.
Im Umgang mit Belastungen, Druck oder Stress spielen diese Selbstgespräche eine besondere Rolle, indem sie den subjektiv erlebten Stress entweder abschwächen oder immens verstärken können. Entsprechende Stressmodelle beschreiben den erlebten Stress folgerichtig als eine Kombination von externen Stressoren (zu viel Arbeit, Termindruck, Stau, Konflikte, etc.) und den sogenannten persönlichen Stressverstärkern, wobei eben diese in unseren Selbstgesprächen zu finden sind. Ob wir z. B. bei zu viel Arbeit dies innerlich mit „Das schaffst Du nie!“ oder mit „Eins nach dem anderen, – und morgen ist auch noch ein Tag!“ kommentieren, wird im Hinblick auf den erlebten Stress einen erheblichen Unterschied machen. Die Art wie wir bei Stress mit uns selbst in Beziehung treten, also mit uns selbst kommunizieren, hat einen erheblichen Einfluss darauf, in welchem Ausmaß wir „unseren Stress“ erleben.
In Untersuchungen zum Burnout-Syndrom wurden folgende persönliche Stressverstärker (dort „Persönlichkeitsstile“ genannt) gefunden, die mit einem erhöhten Burnout-Risiko verbunden sind:
Im Kurs „Stressbewältigung durch Achtsamkeit“ trainieren wir eine besondere Form von Selbstaufmerksamkeit, die es uns ermöglicht unsere Selbstgespräche insbesondere in Druck- und Belastungssituationen bewusster wahrzunehmen und sich dadurch von ihnen innerlich zu distanzieren. Unsere negativen Einflüsterungen sind durch diese Form der bewussten Wahrnehmung einfach nicht mehr so zudringlich und können leichter relativiert, abgemildert oder durch positive Varianten ersetzt werden.
Für den Stressexperten Gert Kaluza gehört dieser Umgang mit unseren inneren Stressverstärkern zur sogenannten mentalen Stresskompetenz. In seinem Modell beschreibt er insgesamt drei Kompetenzbereiche für den Umgang mit Stress:
Zur Beeinflussbarkeit von äußeren und inneren Stressoren kann gesagt werden:
Äußere Umstände, Situationen oder Anforderungen sind oft nur bedingt veränderbar – was wir aber immer ändern können, ist unsere innere Haltung ihnen gegenüber. Mit der Kultivierung von Achtsamkeit unterstützen wir genau dies.