Es war einmal ein Junge aus Unteröwisheim. Man weiß nichts über seine Kindheit, eigentlich nur, dass er zwischen 1512 und 1518 Abt des Klosters Maulbronn war. Davor arbeitete er als Bursarius dem Propst, also dem Hauptverwalter des Klosters, zu. Sein Name: Johannes Entenfuß VIII.
Entenfuß prägte das Kloster. In seinem Amt als Abt startete er große Investitionen in das Kloster und in die Umgebung. Er ließ das Fürstengemach, das Herrenbad, den Winterspeisesaal, den Erker und die Wendeltreppe zwischen Herrenhaus und Oratorium sowie die Brunnenkapelle im Maulbronner Kreuzgang erneuern. 1517 wurde der Umbau des Herrenhauses abgeschlossen.
Leider kostete das alles Geld, das Kloster geriet in finanzielle Not. Irgendwie musste der Abt eine Möglichkeit finden, aus Wertlosem Gold zu machen – und die fand er mehreren Sagen zufolge durch einen alten Freund.
Doktor Faustus soll ein legendärer Wunderheiler und Alchimist gewesen sein. Viele Legenden handeln von dem Mann, auch in der Literatur wurde der Fauststoff oft aufgegriffen. Deutschen Lesern ist er wegen Thomas Manns Doktor Faustus sowie natürlich dem zweiteiligen Drama Faust von Johann Wolfgang von Goethe bestens bekannt.
Das Abtverzeichnis bezeichnet Faustus als collega, also als Freund von Johannes Entenfuß. Vermutlich haben die beiden sich in Knittlingen kennengelernt, der Geburtsstadt von Faustus. 1516 soll der Abt den Alchimisten ans Kloster geholt haben, damit er die materiellen Güter für die Bauarbeiten herstellt – damit ist Gold gemeint. Doktor Faustus soll demnach im nach ihm benannten Faustturm im Kloster Maulbronn gehaust haben.
Wahrscheinlich blieb es beim Versuch, die finanziellen Schwierigkeiten des Klosters konnten nicht gelöst werden. Am 8. Mai 1518 wurde Entenfuß als Abt üblen hausens wegen abgesetzt – also, weil er einen schlechten Haushalt geführt hatte. Laut einer Inschrift im Kloster Maulbronn ist er 1525 am „Tag vor den Nonen“ (vermutlich der 4. Februar) gestorben.
Wie sein Freund Faustus gestorben ist, ist Stoff für Mythen und Sagen. Die meisten Spuren führen in die Stadt Staufen im Breisgau, allerdings gibt es auch einige Zeugnisse, die seinen Tod im Kloster Maulbronn verorten. „Zu Maulbronn sagte man nicht anders, als [dass] ihn der Teufel auch in jenem Turme seines Freundes, des Abts Johannes Entenfuß, geholt habe“, heißt es zum Beispiel in der Autobiographie von Justinus Kerner. Auch die Sage „Doktor Faust in Schwaben“ sieht den Todesort von Faust in Maulbronn: Im Kloster habe der Alchimist seinen „letzten Tag gesehen“, es befinde sich demnach ein unabwischbarer Blutfleck im Faustturm.