Was bei Erwachsenen Worte findet,
zeigt sich bei Heranwachsenden manchmal in Blicken, Fragen, Schweigen – oder auch Wut.
Du kennst einen Jugendlichen, der plötzlich viel stiller ist. Oder wütender. Der die Schule schwänzt, keine Lust mehr auf Sport hat oder auf einmal ganz anders mit Freunden umgeht.
Und du fragst dich:
Wie kann ich helfen – ohne zu überfordern?
Hier bekommst du Antworten. Und vor allem: eine Haltung, mit der du Jugendlichen zur Seite stehen kannst.
Wenn du einem Jugendlichen helfen möchtest, mit dem Tod eines geliebten Menschen umzugehen,
brauchst du vor allem eines: Geduld.
Und den Mut, einfach dazubleiben – auch, wenn du nicht weißt, was du sagen sollst.
Jugendliche sind in einer Zeit des Umbruchs.
Sie suchen nach sich selbst – und dann reißt ein Verlust ein Stück Welt einfach weg.
Das kann verwirrend, wütend oder völlig betäubt machen.
Wichtig ist: Erwarte keine „reife“ Reaktion.
Erwarte gar nichts.
Frag lieber:
„Wie fühlt sich das für dich an – gerade jetzt?“
„Gibt es etwas, das du gerade brauchst?“
Und wenn keine Antwort kommt, bleib trotzdem da.
Oft liegt Vertrauen im Dableiben, nicht im Reden.
Jugendliche merken sofort, wenn jemand ihnen etwas vorspielt.
Sag ruhig:
„Ich weiß nicht, wie es dir geht – aber ich will verstehen.“
„Ich kann dir den Schmerz nicht nehmen, aber ich geh mit dir ein Stück.“
Du musst keine Lösungen anbieten. Du musst kein Experte sein.
Echtheit ist der Schlüssel.
Ein Jugendlicher, der trauert, braucht Platz.
Raum zum Fühlen, Denken, Wütendsein, Weinen – oder einfach zum Abschalten.
Schaffe stille Räume.
Einen Spaziergang. Ein Sofa. Eine Autofahrt mit Musik.
Sag:
„Wir müssen nicht reden. Ich bin einfach hier.“
Manchmal fällt das Wichtigste in der Stille.
Ein Jugendlicher kann gleichzeitig traurig und wütend sein.
Schuld empfinden, obwohl er nichts „falsch“ gemacht hat.
Lachen – und sich dafür schämen.
Sag:
„Du darfst alles fühlen, was da ist. Es gibt kein Richtig oder Falsch.“
Denn genau das ist oft die größte Erleichterung:
Zu wissen, dass nichts falsch an einem ist, wenn alles durcheinander ist.
In der Schule
Viele Jugendliche versuchen, nach einem Todesfall „normal“ weiterzumachen.
Schule kann ein sicherer Ort sein – aber auch ein Ort der Überforderung.
Was du tun kannst:
Im Freundeskreis
Jugendliche erleben oft, dass ihr Freundeskreis nicht weiß, wie man mit Trauer umgeht.
Manchmal wird es still. Oder zu laut. Oder peinlich.
Was du tun kannst:
Sag:
„Es ist okay, wenn du nicht mit allen darüber reden willst.
Aber such dir eine Person, bei der du echt sein darfst.“
„Wenn Freunde dich nicht verstehen – liegt das nicht an dir.
Vielleicht haben sie einfach noch nie erlebt, wie sich sowas anfühlt.“
Ermutige sie, Dinge anzusprechen. Vielleicht per Chat, Sprachnachricht oder in einem ruhigen Moment.
Und wenn's gar nicht geht: Du kannst helfen, Worte zu finden.
Beim Sport oder Hobby
Trauer kann alles lähmen. Oder Jugendlichen dazu bringen, sich komplett in Aktivitäten zu stürzen – einfach um nichts fühlen zu müssen.
Was du tun kannst:
Frage:
„Tut dir das Training gerade gut – oder ist es zu viel?“
„Magst du einfach mal hingehen, und wenn es nicht geht, hol ich dich ab?“
Hobbys können Kraft geben, aber auch überfordern.
Achte darauf, was gerade gebraucht wird – nicht was früher geholfen hat.
In der Liebe
Gerade wenn Teenager sich verlieben, wirkt der Tod wie ein kalter Gegenpol.
Manche ziehen sich zurück, andere klammern sich an ihren Schwarm – oder beenden plötzlich eine Beziehung.
Was du tun kannst:
Zeig Verständnis für Gefühlschaos:
„Es ist völlig okay, wenn du nicht weißt, was du willst.
Verliebtsein fühlt sich manchmal fremd an, wenn man trauert.“
„Du darfst lachen. Du darfst dich verlieben. Das schmälert nicht deine Trauer.
Es zeigt, dass du noch fühlen kannst.“
Jugendliche brauchen Erlaubnis, nicht entweder-oder zu sein. Trauer und Freude schließen sich nicht aus.
Trauer kann den Alltag kippen.
Schule, Freundschaften, Zukunftspläne – alles scheint plötzlich sinnlos oder zu viel.
Hilf mit kleinen Schritten:
Mach Vorschläge. Aber zwing nichts auf.
Jugendliche sagen selten direkt: „Ich brauche Hilfe.“
Sie sagen:
Was sie oft meinen: „Ich weiß nicht, wohin mit mir.“
Was du tun kannst:
Manche Jugendliche ziehen sich zu sehr zurück.
Schlafstörungen, Selbstverletzung, Konsum von Substanzen, Zukunftsangst – all das kann ein stiller Hilferuf sein.
Scheue dich nicht zu fragen:
„Hast du manchmal Gedanken, die dir Angst machen?“
„Gibt es etwas, das du niemandem sagen konntest?“
Und wenn du spürst, dass es zu groß wird:
Hol professionelle Hilfe ins Boot.
Nicht als Schwäche – sondern als echtes Mitgefühl.
Trauer muss nicht immer durch Gespräche verarbeitet werden.
Vielleicht hilft Musik. Oder ein Film. Ein Bild. Ein Tagebuch. Ein TikTok-Video, das berührt.
Frage:
„Gibt es etwas, das dir geholfen hat – ein Lied, ein Zitat, ein Ort?“
Manchmal heilen auch Bilder, Beats oder Worte anderer.
Ob sie ein letztes Bild malen, einen Brief schreiben,
bei der Beerdigung etwas vorlesen oder eine Kerze anzünden.
Jugendliche wollen oft mehr, als man ihnen zutraut.
Frage nicht nur:
„Willst du zur Beerdigung kommen?“
Sondern auch:
„Gibt es etwas, das du mitgestalten willst?“
„Was war dir wichtig an diesem Menschen?“
Gestaltung schafft Verbindung.
Und einen sicheren Platz für Erinnerungen.
Vielleicht fühlst du dich hilflos.
Vielleicht verstehst du nicht immer, was der Jugendliche meint, fühlt, tut.
Aber du bist da. Du fragst. Du hältst aus.
Und genau das ist oft die stärkste Form der Trauerbegleitung, die es gibt.
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