Wenn ein Mensch, den du liebst, auf gewaltsame Weise stirbt, bricht etwas. In dir. Um dich herum. Vielleicht suchst du gerade nach Worten, nach Halt oder nach Antworten. Vielleicht suchst du einfach nur einen Ort, an dem jemand sagt: Du musst das nicht allein tragen.
Dieser Ratgeber ist für dich. Geschrieben von einer stillen Begleitung. Nicht, um etwas zu erklären. Sondern um dich zu begleiten. Klar, sanft, und mit Achtung vor allem, was du jetzt fühlst.
Wenn du von einem Mord erfährst, ist das wie ein Riss durch die Wirklichkeit. Alles kann unwirklich werden. Du musst in diesem Moment nichts „richtig“ machen. Es gibt kein falsches Fühlen.
Was jetzt wichtig ist:
Es ist schwer, an „Organisatorisches“ zu denken. Trotzdem gibt es Dinge, die jetzt geklärt werden müssen – in kleinen Schritten.
Was warten darf:
Was hilfreich sein kann:
Was auf dich zukommen kann:
Was dir helfen kann, durchzuhalten:
Du musst das Verfahren nicht verstehen. Du musst es auch nicht „aushalten“. Aber du darfst Wege finden, dich darin nicht zu verlieren.
Trauer nach einem Mord ist keine stille Trauer. Sie ist laut, wirr, zerrissen. Vielleicht fühlst du Wut. Oder Angst. Vielleicht spürst du Schuld, obwohl du nichts hättest tun können. Vielleicht fühlst du gar nichts.
Das ist alles normal. Wirklich.
Erfahrungen von Betroffenen:
Trauer ist Liebe, für die es keinen Ort mehr gibt. Und du darfst ihr Raum geben, wie du kannst.
Mord verletzt nicht nur den Körper des Menschen, der gegangen ist. Er verletzt auch die Seelen der Zurückbleibenden. Viele Betroffene berichten von einer Wut, die kaum auszuhalten ist. Auf den Täter. Auf Gott. Auf die Welt.
Du darfst wütend sein. Auch auf dich. Auch auf den Menschen, der gestorben ist. Wut ist Teil des Schmerzes. Und: Sie ist nicht gefährlich. Sie darf da sein.
Vielleicht spürst du sie plötzlich, mitten in der Nacht. Oder wenn andere versuchen, „vernünftig“ zu reden. Vielleicht ist da der Wunsch, etwas kaputtzumachen. Zu schreien. Zu fliehen.
All das ist eine Reaktion auf das Unfassbare.
Was dir helfen kann:
Wut ist oft eine Energie, die aus Ohnmacht entsteht. Wenn du ihr Raum gibst – in einem sicheren Rahmen – kann sie dich nicht zerstören. Sondern dich schützen. Und manchmal sogar tragen.
Wenn Kinder einen Menschen durch Mord verlieren, zerbricht etwas, das sie vielleicht noch nicht einmal ganz begreifen konnten: Vertrauen. Sicherheit. Orientierung.
Vielleicht willst du sie schützen – durch Schweigen, durch Ablenkung. Doch Kinder spüren, wenn etwas nicht stimmt. Und was sie sich selbst zusammenreimen, ist oft noch beängstigender als die Wahrheit.
Du musst nicht alles richtig machen. Aber du darfst ehrlich sein – kindgerecht, ruhig, ohne Details, aber ohne Lügen.
Was Kindern helfen kann:
Wenn du unsicher bist:
Es gibt spezialisierte Trauerbegleitung für Kinder und Jugendliche. Auch schulpsychologische Dienste, Kinderärzte oder Hospizdienste können erste Ansprechpartner sein.
Manche Kinder zeigen ihre Trauer nicht direkt – sondern durch Rückzug, Wutanfälle, Schlafprobleme oder Konzentrationsstörungen. Das ist kein „Fehlverhalten“, sondern ein Ausdruck ihres inneren Chaos.
Du musst das nicht allein halten. Du darfst dir Unterstützung holen – für dein Kind und für dich.
Wenn ein Mensch durch ein Verbrechen stirbt, hast du Rechte. Sie können entlasten, stärken, stabilisieren:
Was dir zusteht:
Du musst nicht alles sofort klären. Aber du darfst wissen: Hilfe ist da.
Vielleicht denkst du gerade: „Ich werde nie wieder normal leben.“ Vielleicht stimmt das auch. Vielleicht wird dein Leben ein anderes. Aber du wirst nicht immer so fühlen wie heute.
Viele Betroffene berichten:
Es wird Tage geben, an denen du nicht aufstehen kannst. Und andere, an denen du zum ersten Mal wieder lachst – vielleicht mit Schuldgefühl, vielleicht mit Erleichterung. Alles darf sein.
Du darfst deinen eigenen Weg finden. Langsam. In Kurven. Mit Rückschritten. Du musst kein Ziel erreichen. Nur weiteratmen.
Vielleicht wird der Schmerz nie ganz verschwinden. Aber er kann weicher werden. Er darf einen Platz bekommen, ohne dein ganzes Leben zu füllen.
Was dir helfen kann:
Du bist nicht verpflichtet, zu heilen. Nur zu leben. In deinem Tempo.
Es kann sein, dass du das alles nicht aushalten willst. Dass es zu viel wird. Dann ist das kein Versagen. Es ist ein Zeichen: Du brauchst mehr Halt.
Diese Stellen können dir helfen:
Du musst das nicht allein schaffen. Und du darfst Hilfe annehmen.
Du liest noch? Dann bist du noch da. Und das ist alles, was zählt.
Vielleicht ist heute der Tag, an dem du nichts tust. Oder der, an dem du sprichst. Oder schreibst. Oder still weinst.
Was auch immer es ist: Es ist richtig.
Wenn du magst, begleiten wir dich weiter. Still. Schritt für Schritt.
Du bist nicht allein.
Und wenn der nächste Morgen kommt – sei er grau oder hell – darfst du wissen: Es gibt keine Pflicht, stark zu sein. Aber es gibt Menschen, die dich halten, wenn du schwach bist. Räume, in denen du atmen darfst. Wege, die du nicht allein gehen musst.
Es wird nicht wieder wie früher. Aber vielleicht anders. Mit Zeit. Mit Atem. Mit der Erinnerung, die bleibt – und der Hoffnung, die wachsen darf.
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