Saisonales & Feiertage

Nr. 10: Wo Weihnachten uns fand

Irgendwo neu, fremd sein, und dann Weihnachten feiern? Weihnachtsgeschichte Nr. 10 von Sina Maier erzählt von einem kleinen Weihnachtswunder.
Ein Weihnachtsbaum auf dem Dachboden zwischen Umzugskartons, daran hängt eine Kugel
Weihnachtsgeschichte Nr. 10, "Wo Weihnachten uns fand", von Sina Maier aus Rottenburg, erzählt von einem kleinen Weihnachtswunder.Foto: NM/KI-unterstützt

Wo Weihnachten uns fand

In der fremden Stadt roch der Dezember nicht nach Zimt und Tannennadeln, sondern nach Beton und Umzugskartons. Vom Weihnachtsmarkt ein paar Straßen weiter klangen Weihnachtslieder und ich sah das Licht des Karussells immer wieder an meinem Fenster vorbeiziehen. Doch von meiner Weihnachtsstimmung fehlte jede Spur. Wie sollte ich auch an Weihnachten denken, wenn sich mein Leben in braunen Kisten stapelte und ich morgens in den verschiedensten Kartons nach meinem Pullover kramte?

Aus der Wohnung nebenan hörte ich Streit - noch waren es nur zwei fremde Stimmen, denn wer dort wohnte, wusste ich nicht. Ich schnappte ein „Nein, wir bleiben hier“ auf und lauschte anschließend wieder der Stille. Ein Stockwerk über mir hörte ich plötzlich: „Mama, hör mal!“ gefolgt von schrägen Trompetentönen, die „Oh Tannenbaum“ ergeben könnten.

Ein Schmunzeln huschte mir über die Lippen. Ich merkte, dass in mir doch noch ein Funken Weihnachtsstimmung war, gezündet durch den Versuch eines Liedes.

Deko! Kam es mir in den Kopf. Irgendwo mussten doch die Lichterketten und Engelfiguren sein.

Ich versuchte mein Glück auf dem gemeinsamen Dachboden, dort hatten die Umzugshelfer die übrigen Kartons abgestellt. Die Tür stand einen Spalt offen, und als ich eintrat, sah ich Staubkörner im Sonnenlicht tanzen. Doch zwischen den Strahlen stand etwas, mit dem ich nicht gerechnet hatte: ein kleiner Tannenbaum. Ein Teil der Nadeln lag auf dem Boden und er war ziemlich zerzaust. Dennoch gab er mir dieses spezielle Gefühl von Weihnachten.

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als ich über einen Stapel Kartons stolperte, aus einem ein „Hohoho“ kam. Der Weihnachtsmann zum Aufziehen - das musste die Kiste sein. Doch bevor ich sie mitnahm, nahm ich eine rotglitzernde Kugel heraus und hing sie an den Baum.

Als ich am nächsten Tag den Karton mit den restlichen Lichterketten auf den Dachboden bringen wollte, hingen am Baum zwei Kugeln. An meiner roten hing ein Zettel: „Ich wusste nicht, dass jemand hinsieht. Danke.“

Ab diesem Tag ging ich immer mal wieder zum Baum. An manchen Tagen war es nur ein Baum, doch nach und nach kamen mehr Kugeln und Strohsterne dazu.

Ein paar Tage später war er da: der 24. Dezember. Ich wusste nicht, wohin mit meinen Gedanken. Ich saß allein zwischen sporadisch befestigten Lichterketten. Das Haus schien leer, und das Einzige, was ich hörte, war mein eigener Atem.

Nicht einmal einen Baum hatte ich. Also ging ich auf den Dachboden, vielleicht würde mich der bunt geschmückte Tannenbaum aufmuntern. Ich stieg die Treppe hoch, sah die Tür, heute jedoch weit geöffnet, und hörte auf den letzten Stufen leise Stimmen.

Als ich eintrat, traute ich meinen Augen kaum: Um den Tannenbaum standen Menschen, deren Stimmen ich kannte. Ein kleiner Junge mit Weihnachtsmütze hielt eine Trompete und fragte, ob er ein Lied spielen dürfe. Und obwohl wir nicht wussten, wie der neben uns hieß, sangen wir plötzlich gemeinsam, genauso schräg wie die Trompete und hatten das Gefühl, uns schon ewig zu kennen.

Sina Maier, Rottenburg

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von Sina Maier
08.11.2025
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