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Karlsruhe: Die Residenz des Rechts

Das Recht und die Fächerstadt Karlsruhe sind eng miteinander verknüpft. Nicht umsonst gilt die Stadt als Residenz des Rechts.
ein Gebäude, versteckt hinter Bäumen, vor den Bäumen eine Straße mit Autos
Karlsruhe erhielt 1950 den Zuschlag, Standort des Bundesgerichtshofes zu werden.Foto: rist

„Karlsruhe als Residenz des Rechts ruht auf einem soliden badischen Fundament“, sagt Detlev Fischer. Er weiß, wovon er spricht, denn er war als Richter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe tätig. Seit 2005 leitet er ehrenamtlich das Rechtshistorische Museum, das im Bibliotheksgebäude des Bundesgerichtshofes untergebracht ist.

Zeugnisse der Rechtsgeschichte

Neben dem Bundesgerichtshof in der Herrenstraße haben in Karlsruhe die Bundesanwaltschaft in der Brauerstraße und das Bundesverfassungsgericht im Schlossbezirk ihren Sitz. Doch damit nicht genug: Karlsruhe ist voller Zeugnisse der Rechtsgeschichte. Viele Gebäude erinnern an die damals wegweisende badische Gerichtsbarkeit aus der Zeit von 1864 an, viele namhafte Persönlichkeiten haben das Rechtswesen geprägt.

ein öffentlicher Platz in der Innenstadt, einige Tafeln zum Thema Recht, Fußgänger und Radfahrer
Der Platz der Grundrechte, entstanden 2005, soll auf die Weimarer Reichsverfassung von 1919 und auf das Grundgesetz von 1949 verweisen.Foto: rist

Rund 80 Orte mit Rechtsbezug hat Detlev Fischer in seinem Buch „Rechtshistorische Rundgänge durch Karlsruhe“ bereits zusammengestellt. So erinnert am Rondellplatz die Verfassungssäule an die Badische Verfassung von 1818, das Ständehaus an das erste Parlamentsgebäude in Deutschland 1822, das Denkmal des Großherzogs Karl Friedrich (1728–1811) auf dem Schlossplatz daran, dass 1810 das badische Landrecht auf Grundlage des französischen Code Civil eingeführt wurde. Das Landgericht in der Hans-Thoma-Straße hatte von 1879 bis 1902 auch das Oberlandesgericht beherbergt.

Jede Stufe der ordentlichen Gerichtsbarkeit

Der Platz der Grundrechte, entstanden 2005, soll auf die Weimarer Reichsverfassung von 1919 und auf das Grundgesetz von 1949 verweisen. Auf dem Marktplatz befindet sich seit 1964 im ehemaligen Wohnhaus von Johann Peter Hebel das Sozialgericht gegenüber dem Rathaus

ein öffentlicher Platz, einige Schilder, Bäume, im Hintergrund ein Gebäude
Der Platz der Menschenrechte befindet sich beim ZKM.Foto: rist

„Das Rathaus wurde rund 20 Jahre als Gerichtsgebäude genutzt“, sagt Detlev Fischer. 1857 habe das Stadtamtsgericht Karlsruhe hier seine Arbeit aufgenommen und 1864 das nach Karlsruhe verlegte Kreis- und Hofgericht. Im Übrigen sei Karlsruhe die einzige Stadt, in denen es jede Stufe der ordentlichen Gerichtsbarkeit gebe: Amtsgericht, Landesgericht, Oberlandesgericht und Bundesgerichtshof. „Es gibt sogar zwei Amtsgerichte“, so Detlev Fischer weiter, „eines in Karlsruhe-Stadt und eines in Durlach.“

Wie Karlsruhe zur Residenz des Rechts wurde

Der Bundesgerichtshof nahm seine Arbeit im Oktober 1950 auf. Die Entscheidung, wo das höchste Gericht für Zivil- und Strafrechtpflege entstehen sollte, war lange und sehr kontrovers diskutiert worden. Bundeskanzler Adenauer hatte sich für Köln ausgesprochen, wo bereits 1947 für die damalige britische Besatzungszone ein Oberes Gericht für Zivil- und Strafsachen eingerichtet worden war.

Auch andere westdeutsche Städte bewarben sich um den Sitz. Leipzig, wo von 1879 bis 1945 das Reichsgericht seinen Standort hatte, stand, weil nun in der DDR gelegen, nicht zur Verfügung. Bundesjustizminister Dehler favorisierte, wie Detlev Fischer sagt, einen süddeutschen Standort, namentlich Karlsruhe. Hier stand mit dem Erbgroßherzoglichen Palais und der umgebenden großen Parkfläche ein Areal zur Verfügung, der den Vorgaben des damals neuen Bundesjustizministeriums am ehesten entsprach: 120 Arbeitsräume, fünf Sitzungssäle sowie die Ausbaufähigkeit der Anlage. Bis heute gilt Karlsruhe als „Residenz des Rechts“. (rist)

Buchtipp

Detlev Fischer: Rechtshistorische Rundgänge durch Karlsruhe, dritte, erweiterte Auflage 2017, Verlag der Gesellschaft für Kulturhistorische Dokumentation e.V. Karlsruhe, dritte, erweiterte Auflage 2017, ISBN 978-3-922596-26-4, 15 Euro

Video: Hinter den Kulissen der Hohen Gerichte (SWR)

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Interview mit Detlev Fischer, Leiter des Rechtshistorischen Museums

von rist
05.11.2025
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